DAS QUARTAL 3.2018

So erwirken Unternehmer womöglich bald Steuernachlass Sechs Prozent Zinsen verlangt der Fiskus bei Steuernachzahlungen – trotz Niedrigzinsphase. Jetzt hat der Bundesfinanzhof Veto eingelegt – ein gutes Argument für Einspruch gegen den Steuerbescheid. Text: Midia Nuri DAS QUARTAL 3.18 14 Themen im Fokus I ch kenne eine Unternehmerin, die freut sich über jede zu hohe Vorauszahlung an den Fiskus. Sie überlässt ihr Geld gerne dem Finanzamt mit der Aussicht, eine stattliche Rückzahlung zu erhalten, inklusive eventuell anfallender Zinsen. Die Alternative ist nämlich, Steuern nachzuzahlen. Wer Liquidität parkt, kann aber gar keine Erträge mehr erwirtschaften, die die dann fälligen Zinsen decken. Seit Jahren verharren die Zinssätze im Dauertief. Der Euribor (Euro Interbank Offered Rate), zu dem sich die europäischen Banken untereinander Geld leihen, liegt seit langer Zeit imMinus. Einige Banken geben imTagesgeldbereich bereits Negativzinsen an ihre Kunden weiter. Jedes vierte Kreditinstitut plane dies, zitiert die „Wirtschaftswoche“ Bundesbankvorstands- mitglied Andreas Dombret. Bei Steuernachzahlungen sind sechs Prozent Zinsen fällig Schlechte Zeiten für Sparer sind auch schlechte Zeiten für Unternehmer, die Rückstellungen für mögliche Steuernach- zahlungen zur Seite legen wollen. Sie zah- len nämlich auf eine etwaige verspätete Forderung des Finanzamts zusätzlich sechs Prozent Zinsen pro Jahr – selbst wenn sie die Verzögerung nicht zu verant- worten haben, da sich die Beamten mit der Bearbeitung einfach viel Zeit gelassen haben oder Nachzahlungen durch eine Betriebsprüfung fällig sind. Natürlich schütten die Finanzämter auch Zinsen auf eine Steuerrückerstattung aus, wenn es mal etwas länger dauert. Aber unter dem Strich spülen Zinsen dem Fiskus satte Milliardenbeträge in die Kassen. Wegen anhaltend niedriger Renditen am Anlage- markt formiert sich deshalb seit Jahren Widerstand gegen den seit 1961 nicht mehr angepassten Zinssatz. Und nun legt auch der Bundesfinanzhof (BFH) erstmals Veto ein. BFH: Hoher Zinssatz verstößt gegen Gleichheitsgrundsatz Nachdem der BFH kürzlich erst für das Jahr 2013 die Zinshöhe nicht bemängelt hatte, gab es nun in einem anderen Verfahren ein gewichtiges Votum dagegen, nämlich für Zeiträume zwischen 2015 und 2017. In einem Verfahren, das sich gegen die Höhe der von einem Finanzamt eingefor- derten Nachzahlungszinsen richtete (Az.: IX B 21/18), setzten die Finanzrichter die Vollziehung des Zinsbescheids aus – und bekundeten damit verbunden „ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsakts“. Ihre Begründung hat es in sich: Sie erklärten, es bestünden „schwerwiegende verfassungsrechtliche Zweifel, ob die Zinshöhe von einhalb Pro- zent für jeden Monat (§ 238 Abs. 1 Satz 1 AO) mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar ist.“ Auch die Wortwahl „einhalb“ statt 0,5 oder aber „ein halbes Prozent“ stammt wie die Zinshöhe wohl aus dem Jahr 1961, die Richter zitieren den Gesetz- wortlaut. Zudem erklärten die obersten Fi- nanzrichter: „Eine sachliche Rechtfertigung für die gesetzliche Zinshöhe besteht bei der gebotenen summarischen Prüfung nicht.“ Steuerberater sollte Einspruch gegen Steuerbescheid prüfen Unternehmer, von denen der Fiskus in den vergangenen Jahren oder auch ak- tuell Nachzahlungszinsen eingefordert hat, sollten ihren Steuerberater fragen, ob ein Einspruch gegen die betreffenden Steuerbescheide möglich ist. Sind sie

RkJQdWJsaXNoZXIy MzgzNDE=