DAS QUARTAL 2.2016 - page 9

DAS QUARTAL 2.16
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THEMEN IM FoKUS
D
er auf die Schaufensterscheibe proji-
zierte Ninja-Krieger spricht würdevoll
Passanten an: „Willkommen, Fremder“.
Bleibt jemand stehen, erbittet die kinder-
große Lego-Figur eine Verbeugung – und
antwortet ihrerseits mit der klassischen
japanischen Begrüßung, denn sie weiß
auf die Bewegungen des Gegenübers zu
reagieren. Wer mit dem Ninja redet, kann
ihn durch Gesten steuern, Spiele starten
und Produktinformationen abrufen. Zu dem
sogenannten Virtual Promoter gehören
neben dem Projektor und der Spezialfolie,
die Schaufenster in interaktive Bildschirme
verwandelt, auch Kameras. Sie erfassen die
Bewegung des Gesprächspartners, aus der
eine Software berechnet, ob ein virtueller
Knopf auf der Scheibe gedrückt wurde oder
welcher Programmschritt folgen muss. Mit
dieser ungewöhnlichen Art der Kundenan-
sprache will Albrecht Metter, Mitgründer der
ameria GmbH in Heidelberg, den Handel
revolutionieren: „Die weltweite Nachfrage
nach unserem Produkt ist hoch.“
Hohe Nachfrage bedeutet großen Kapital-
bedarf für Produktion, Vertrieb und Service.
Die Entwicklung des Prototyps sowie die
Erprobung konnte die Firma aus eigener
Tasche finanzieren, zur breiten Marktein-
führung aber fehlten die Mittel. Bei der Wahl
des richtigen Finanzierungspartners prüfte
Metter sorgfältig die Optionen. „Wir woll-
ten keinen Mehrheitsgesellschafter an Bord
holen, der rasch Kasse machen will“, for-
muliert der ameria-Geschäftsführer eine in
kleinen und mittleren inhabergeführten Be-
trieben verbreitete Position. Also nutzte er
eine stille Beteiligung der Mittelständischen
Beteiligungsgesellschaft Baden-Württem-
berg (MBG). Eine Million Euro steckte sie
in das Unternehmen mit 70 Mitarbeitern.
Darauf zahlt Metter einen Zins in Höhe des
Kontokorrents, musste aber keine Firmen-
anteile abgeben. Zudem bleibt der Investor
langfristig an Bord und mischt sich nicht
ins operative Geschäft ein.
Für ambitionierte Expansionspläne müs-
sen sich Mittelständler ohne hohes Eigen-
kapital verstärkt um Beteiligungskapital
bemühen. „Steigt der Risikograd einer In-
vestition, ist das Wachstum nur begrenzt
mit Fremdkapital finanzierbar“, sagt Dirk
Honold, Professor für Unternehmensfinan-
zierung an der Technischen Hochschule
Nürnberg. Denn traditionelle Partner wie
die Hausbank wollen solche Projekte oft
nicht unterstützen, weil ihnen die damit
verbundenen Risiken zu hoch sind. Also
bleibt häufig nur Beteiligungskapital. Die
Skepsis vieler Firmenchefs bei diesem
Thema, die sich aus schlagzeilenträchti-
gen Fällen speist, hält er für unbegründet.
„Die teils als Heuschrecken bezeichneten
international agierenden Gesellschaften
haben große Buy-outs finanziert, aber sel-
ten neues Geld in Unternehmen gesteckt.“
Interessante Partner sind dagegen Mittel-
standsfinanziers, die sich langfristig en-
gagieren. Sie bieten Mezzanine-Kapital in
Form stiller Beteiligungen oder finanzieren
als Minderheitsgesellschafter den Wachs-
tumskurs mit echtem Eigenkapital.
An stille Beteiligung denken
Beteiligungskapital bieten neben öffent-
lich geförderten MBGs der Bundesländer
auch spezielle, oft regionale Wachstums-
fonds und Private-Equity-Gesellschaften.
Sie verstehen die Mentalität der Firmen-
inhaber, wollen etwa nicht immer die An-
teilsmehrheit und die Führung im Betrieb.
„Mittelständler bevorzugen Minderheits-
beteiligungen, da sie hier bestmögliche
Wachstumsperspektiven bei noch beste-
hender Unternehmenskontrolle sehen“, so
Professorin Ann-Kristin Achleitner, Leiterin
des Center for Entrepreneurial and Finan-
cial Studies (CEFS) an der TU München. So
spricht der Investor nur bei der Strategie
mit, nicht im Tagesgeschäft. Der Vorteil des
offenen Beteiligungskapitals: Es zählt zum
bilanziellen Eigenkapital und verbessert die
Finanzkennzahlen (siehe Kasten).
Trotzdem wählen viele Mittelständler zur
Wachstumsfinanzierung eher stille Betei-
ligungen. „Die sind beliebt, da sie nicht mit
einer Veränderung der Anteilsverhältnis-
se einhergehen“, meint Peter Güllmann,
Vorstandssprecher des Bundesverbands
deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaf-
ten (BVK). „Sie haben eine fixe Laufzeit und
sind gut planbar.“ Soll das Eigenkapital in
der Bilanz mit der stillen Beteiligung ge-
stärkt werden, hat das aber seinen Preis.
„Wir bewegen uns bei den Zinsen im ho-
hen einstelligen oder niedrigen zweistelli-
gen Prozentbereich“, betont der BVK-Chef.
„Auch die Mitspracherechte des Kapitalge-
bers steigen, je mehr Risiko er trägt.“
Vorsicht bei der Partnerwahl
Da sich Geldgeber bei Investitionsan-
satz, Haltedauer und Konditionen stark
unterscheiden, ist die Wahl des richtigen
Partners der Schlüssel zum Erfolg. MBGs
steigen schon bei Summen ab 10.000 Euro
ein und bleiben bis zu zehn Jahre an Bord.
Private-Equity-Gesellschaften interessieren
sich eher für Engagements ab einigen Mil-
lionen Euro und wollen früher mit Gewinn
verkaufen. Vor allem, wenn sie bei institu-
tionellen Anlegern oder am Kapitalmarkt
Geld für einen Fonds eingesammelt haben,
„Mittelständler bevorzugen Minderheitsbeteili-
gungen, da sie hier bestmögliche Wachstums-
perspektiven bei noch bestehender
Unternehmenskontrolle sehen“
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