DAS QUARTAL 2.2014 - page 9

DAS QUARTAL 2.14
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Themen im Fokus
B
ig Data für kleine Betriebe? Klingt wie
einWiderspruch. Tatsächlich aber lohnt
sich der Einsatz neuer Technologien zur
raschen Auswertung von Bergen an Infor-
mationen nicht nur in Konzernen, sondern
auch imMittelstand. Firmenchefs erhalten
so wichtige Erkenntnisse. „Sie können ihre
überschaubaren Datenmengen rasch ver-
arbeiten und sehr flexibel auf veränderte
Märkte oder Kundenwünsche reagieren“, so
StefanRüping, Leiter desGeschäftsfeldesBig
Data beimFraunhofer-Institut für Intelligente
Analyse- und Informationssysteme IAIS in
Sankt Augustin. Die Auswertung eigener
digital vorliegender Markt- und Kundenda-
ten sowie das Durchforsten interessanter
Internetseiten oder öffentlicher Datenbanken
bringe viele Ansätze zur Verfeinerung des
Produktangebots oder der Kundenanspra-
che – wenn man es richtig macht. „Wichtig
ist, genau zu prüfen, welche Ziele man
verfolgen und welche Daten man nutzen
will“, betont Rüping.
Noch herrscht Zurückhaltung
Viele Firmenchefs kleiner und mittlerer
Betriebe haben das Potenzial von Big Data
erkannt und verbinden mit der besseren
Datenanalyse im Kern drei Erwartungen,
so eine IAIS-Studie. Erstens erwarten die
Befragten eine effizientere Unternehmens-
führung. „Einzelhändler etwa können ge-
nauer prognostizieren, wann die Kunden
welches Produkt nachfragen, und Gründe
dafür identifizieren“, sagt Rüping. „Auch
Prozesse in Industrie- oder Handwerksbe-
trieben lassen sich verbessern, wenn man
sie genau durchleuchtet.“ Zweitens soll Big
Data helfen, Massendaten zu individualisie-
ren. Das würde jene Erkenntnisse liefern,
die erforderlich sind, um Dienstleistungen
und Produkte an die individuellen Wünsche
einzelner Kunden oder zumindest kleiner
Gruppen anzupassen. Drittens ist Big Data
die Basis zur Herstellung intelligenter Pro-
dukte. „Künftig lassen sich beispielsweise
Daten, die über Sensoren an Maschinen ge-
wonnen werden, direkt verarbeiten, was der
Maschine ermöglicht, zu lernen und sich
selbst entsprechend zu steuern“, ergänzt
der Experte.
Warum zahlreiche Unternehmer sich trotz
dieser faszinierenden Möglichkeiten beim
Einsatz von Big Data noch zurückhalten,
erklären zwei Zahlen aus der IAIS-Studie.
Knapp die Hälfte hat Bedenken wegen
der Datenschutz- und Sicherheitsbestim-
mungen. Und 43 Prozent der Befragten
fürchten, Big Data sprenge ihre Budgets.
Dabei gibt es für beide Probleme eine Lö-
sung. Über den Datenschutz können Fir-
menchefs mit ihrem Anwalt sprechen und
ihr Konzept von Anfang an so auslegen,
dass sie rechtlich auf der sicheren Seite
sind (siehe Kasten). Und die Stoßrichtung
eines Big-Data-Projekts sollte vor Beginn
mit Marketingexperten sowie Spezialis-
ten für Datenbank und Software diskutiert
werden. Mit ihrer Unterstützung kann der
Unternehmer fokussiert vorgehen und in
wenigen Monaten viel erreichen. „Wer klare
Ziele definiert und die verfügbaren Daten
daraufhin prüft, welche Fragen sich damit
bearbeiten lassen, sowie entsprechende
Modelle und Programme wählt, muss nicht
mit ausufernden Kosten rechnen“, weiß
Stefan Rüping aus Erfahrung. Die dadurch
gewonnenen Erkenntnisse erleichtern nicht
nur operative, sondern auch strategische
Entscheidungen und helfen so, Bauchlan-
dungen zu vermeiden.
Wie der Einsatz von Big Data funktioniert,
zeigt Oliver Hoffmann. Der Geschäftsführer
der Zimmerei Hoffmann in Friedrichshafen
sieht die energetische Sanierung und Be-
standserhaltung von Wohngebäuden sowie
das Errichten von Holzrahmenhäusern und
Arbeiten rund ums Haus als Kernkompe-
tenz der Firma. Sein oberstes Ziel: „Kunden
gewinnen und dauerhaft begeistern.“ Dass
er das schafft, zeigt die wachsende Zahl
an Stammkunden, die ihn in den höchs-
ten Tönen loben. Ursächlich dafür ist ne-
ben erstklassiger Arbeit ein verbessertes
Kundenmanagement. Hoffmann hatte die
Kunden- und Produktdaten genau unter die
Lupe genommen, um Ansatzpunkte zu fin-
den, wie er einen Mehrwert bieten kann, den
es bei der Konkurrenz nicht gibt. Ergebnis:
das von ihm entwickelte Datenbanksystem
„durchdacht!“, für das er sogar mit dem
Innovationspreis des Bundeswirtschafts-
ministers ausgezeichnet wurde. Damit ist
es einfacher, die Kunden individuell zu be-
Die Auswertung eigener digital
vorliegender Markt- und Kundendaten
sowie das Durchforsten interessanter
Internetseiten oder öffentlicher Daten-
banken bringe viele Ansätze zur
Verfeinerung des Produktangebots
oder der Kundenansprache – wenn
man es richtig macht.
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