DAS QUARTAL 1.2014 - page 19

DAS QUARTAL 1.14
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Themen im Fokus
Der Fiskus hält die Hand auf
Wieder anders sieht es bei gemischt ge-
nutzten Immobilien aus. Besitzt ein Einzel-
unternehmer etwa ein Gebäude, bei dem
im Untergeschoss sein Ladengeschäft und
darüber eine Wohnung liegt, entscheidet die
Nutzung über die Steuerfrage. Das Laden-
lokal zählt automatisch zum notwendigen
Betriebs-, die Wohnung zum Privatvermö-
gen, wenn sie der Unternehmer ausschließ-
lich zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat.
Bei einem Verkauf unterliegt der Veräuße-
rungsgewinn aus dem Verkauf des Ladens
der Steuer, nicht aber der Veräußerungs-
gewinn für die Wohnung. Ihr Anteil am Ge-
winn berechnet sich nach dem Verhältnis
der Wohnfläche zur Gesamtfläche. Voraus-
setzung dafür ist, dass der Unternehmer
die Räume zumindest in den letzten zwei
Jahren zusammenhängend selbst genutzt
hat. „Ein Leerstand in dieser Zeit reicht nicht
aus“, erklärt dazu Richard Schmidt, Pro-
fessor für Steuerrecht der Hochschule für
Ökonomie & Management (FOM) in Essen.
Steuerberater muss prüfen
Mit diesen steuerrechtlichen Details hat
sich der Unternehmer Lothar Möschle
beschäftigt, als er vergangenes Jahr die
Firma Söhnel Maschinenbau in Balts-
mannsweiler bei Esslingen übernahm und
gleich eine Immobilie an einem neuen
Standort kaufte. Das Erdgeschoss nutzt er
betrieblich. In der oberen Etage liegt eine
Wohnung, die er bewohnt. Möschle weiß:
„Auf einen Teil des Gewinns werden bei
einem späteren Verkauf also vermutlich
Steuern anfallen.“ Die Details hat er schon
frühzeitig mit seinem Steuerberater geklärt.
Ein hohes Risiko trägt, wer sich für eine Be-
triebsaufspaltung entscheidet. Dabei wird
beispielsweise eine betrieblich genutzte
Immobilie im privaten Portfolio gehalten
und an die eigene Firma vermietet, etwa
eine GmbH. „Geschäftsführende Gesell-
schafter sollten vorsichtig sein“, so Robert
Lehleiter, Professor für Steuerrecht an der
Hochschule für Technik und Wirtschaft in
Dresden. Auch bei Patrick Spohn überwiegt
Skepsis: „Zumeist ist Unternehmern davon
abzuraten“, sagt der Professor für interna-
tionales und nationales Steuerrecht an
der Hochschule Pforzheim. Wird die Kon-
struktion beim Verkauf aufgelöst, werden
aufgedeckte stille Reserven schlagartig
steuerpflichtig. „Fehlt dann das Kapital, um
die Forderung des Finanzamts zu bezahlen,
steht im Extremfall die Existenz der Firma
auf dem Spiel“, so Spohn.
Gewinne reinvestieren ...
Zum Glück gewährt das Finanzamt den
Unternehmern beim Verkauf einer betrieb-
lichen Immobilie in bestimmten Fällen auch
Steuervorteile. Renate Rappold etwa nutzte
die Reinvestitionsrücklage nach Paragraf
6b Einkommensteuergesetz. Bei der Veräu-
ßerung aufgedeckte stille Reserven lassen
sich neutralisieren, indem ein erzielter Ge-
winn auf andere neue Wirtschaftsgüter –
zum Beispiel den Bau einer weiteren Immo-
bilie – übertragen wird. Entweder zieht das
Unternehmen ihn sofort direkt von den An-
schaffungskosten ab oder es bildet alterna-
tiv eine Rücklage für Investitionen innerhalb
der nächsten vier Jahre. Bei neu hergestell-
ten Gebäuden beträgt die Frist sechs Jah-
re, wenn bereits nach vier Jahren mit dem
Bau des neuen Gebäudes begonnen wird.
Besonders günstige Regeln gelten, falls
der Betrieb nach dem Immobilienverkauf
aufgegeben wird. Unternehmer profitieren
laut Paragraf 34 Abs. 3 Einkommensteuer-
gesetz einmal im Leben von einem ermä-
ßigten Steuersatz auf außergewöhnliche
Einkünfte, die nicht mehr als insgesamt
fünf Millionen Euro betragen. „Die Vortei-
le sind jedoch an bestimmte Vorgaben
gebunden“, erläutert Professor Schmidt.
Zum Beispiel muss der Firmenchef das
55. Lebensjahr vollendet haben und ei-
nen gesonderten Antrag beim Finanzamt
stellen. Der reduzierte Steuersatz beträgt
56 Prozent des durchschnittlichen Steuer-
satzes auf das gesamte zu versteuernde
Einkommen, mindestens 14 Prozent. Un-
terliegt ein Unternehmer also im Schnitt
einem Steuersatz von 40 Prozent, wird der
Gewinn aus dem Immobilienverkauf mit
etwa 22,4 Prozent besteuert. Zusätzlich
gilt ein Freibetrag von 45.000 Euro, sofern
der Gewinn den Betrag von 136.000 Euro
nicht überschreitet. Liegt er höher, wird er
abgeschmolzen.
.... oder Betrieb aufgeben?
Für Renate Rappold war diese Sonder-
regelung beim Verkauf ihrer Tankstelle
allerdings kein Thema. Von einer Ge-
schäftsaufgabe ist sie noch weit entfernt.
Im Gegenteil: „Mit der Modernisierung
und Expansion, die sich aus dem Immo-
bilienverkauf finanzieren lässt, wollen wir
das Unternehmen weiter auf Erfolgskurs
steuern“, betont die Firmenchefin.
MUSTERRECHNUNG
So berechnet sich die Einkommensteuer auf den Veräußerungsgewinn
Ein Einzelunternehmer nutzt seit fünf Jahren eine Immobilie privat und betrieblich. Im
Erdgeschoss führt er ein Ladenlokal, erste Etage und Dachgeschoss hat er vermietet.
Das Ladenlokal hält er im Betriebsvermögen, die vermieteten Wohnungen im Privatver-
mögen. Er nutzt die aktuell gute Marktlage und verkauft die oberen Etagen anteilig für
310.000 Euro, wofür er 10.000 Euro in Malerarbeiten investierte. Die Anschaffungskosten
der Wohnungen abzüglich der geltend gemachten Abschreibungen betragen 200.000
Euro. Das Finanzamt rechnet so:
Verkaufserlös Wohnungen 310.000 Euro
• abzüglich Veräußerungskosten (hier Malerarbeiten) 10.000 Euro
• abzüglich Anschaffungskosten (abzüglich Abschreibungen) 200.000 Euro
• steuerpflichtiger Gewinn 100.000 Euro
• persönlicher Steuersatz 30 Prozent
Zu zahlende Einkommensteuer 30.000 Euro
Quelle: TRIALOG, Das Unternehmermagazin Ihrer
Berater und der DATEV, Herausgeber: DATEV eG,
Nürnberg, Ausgabe 01/2014
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