DAS QUARTAL 1.2014 - page 16

DAS QUARTAL 1.14
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THEMEN IM FokUS
Social-Media-Recruiting:
den Richtigen finden
Online-Anzeige, Xing-Empfehlung, YouTube-Video – im Internet
können Firmen sich auf viele Arten für Bewerber interessant
machen. Aber wer die Eigenheiten der Kanäle nicht beachtet,
trifft leicht den falschen Ton oder verzettelt sich.
Text: Angelika Knop
W
erner Deck nimmt den drohenden
Fachkräftemangel im Mittelstand
ernst. Und auf die damit verbundenen He-
rausforderungen hat er eine Antwort. Der
Geschäftsführer der Malerdeck GmbH in
Eggenstein bei Karlsruhe macht seinen
Handwerksbetrieb durch eine umfassende
Internetpräsenz zur Arbeitgebermarke. Da-
mit potenzielle Bewerber das Unternehmen
sympathisch finden und dort anfangen
wollen, berichtet er in sozialen Medien wie
Twitter, Facebook und Googleplus sowie im
Blog auf seiner eigenenWebsite über Neues
aus Betrieb und Branche: über Lob und
Kritik von Kunden, über erfolgreiche Azubis,
über eine Krankheitswelle – und natürlich
über offene Stellen. „Das bringt gigantische
Mundpropaganda“, so Werner Deck. „Als
Arbeitgeber wirken wir viel attraktiver.“
Rund zehn Initiativbewerbungen im Jahr
kommen über das Netz. Lehrstellenbewer-
ber kommunizieren besonders gerne über
Facebook. „Mit einem habe ich dort schon
alles abgewickelt, bis zum Termin für das
Vorstellungsgespräch.“
Wie die Malerdeck GmbH suchen immer
mehr Betriebe auch im Internet nach Per-
sonal. Sie präsentieren auf der Homepage,
in Jobbörsen und sozialen Medien den
Betrieb und offene Stellen. Damit reagie-
ren sie auf das sich ändernde Informati-
onsverhalten vor allem junger Leute. Die
blättern kaum noch den Stellenteil der
Tageszeitung durch, sondern informieren
sich vor allem im Netz über Jobangebo-
te. Und nach einer Studie des Hightech-
verbands BITKOM sieht sich dort dann
auch jeder Vierte die Bewertungen von
Firmen als Arbeitgeber an. „Unternehmen
sind längst Gegenstand des Erfahrungs-
austauschs im Netz“, sagt BITKOM-Prä-
sident Professor Dieter Kempf. „Wer ein
gutes Arbeitsumfeld bietet, profitiert davon,
dass er im Web empfohlen wird.“
Den passenden Ton treffen
Jeder Auftritt im Netz kostet aber Zeit und
Geld. Daher sollten vor allem kleine Firmen
genau überlegen, wie und auf welchen Ka-
nälen sie um Personal werben, um sich
nicht zu verzetteln. Immerhin veranschlag-
ten laut Social-Media-Recruiting-Studie
2012 der Unternehmensberaterin Eva Zils
69 Prozent der Befragten für entsprechen-
de Aktivitäten maximal 5.000 Euro. Daher
sollte der Einstieg ins Social-Media-Rec-
ruiting einer Strategie der kleinen Schritte
folgen und erst dann mit einem Aufwand
betrieben werden wie bei der Malerdeck
GmbH, wenn der Firmenchef sich das leis-
ten kann und will.
Zum Auftakt empfiehlt sich Werbung in so-
zialen Medien, vor allem wenn eine Stelle
schnell besetzt werden soll. „Dann ist die
beste Wahl eine Anzeige mit den richti-
gen Schlagworten, die so den passenden
Kandidaten angezeigt wird“, rät Mona
Szyperski, die bei der FlexBase GmbH in
Düsseldorf alle Social-Media-Kanäle be-
treut, auf denen der Dienstleister für sei-
ne Kunden Personal sucht. Sie sagt: „Die
Kunst ist, die richtigen Kanäle zu wählen
und dort den richtigen Ton zu treffen.“
Auf Xing etwa erwarten 6,5 Millionen Be-
rufstätige im deutschsprachigen Raum,
dass man sie siezt. Auf Facebook dage-
gen ist das „Du“ gebräuchlich – obwohl
längst nicht alle der 19 Millionen täglich
aktiven Nutzer jugendlich sind. Auf Twitter
muss man das richtige Hashtag wählen,
ein Suchwort mit vorangestelltem # – aber
sparsam, sonst ist die maximal 140 Zei-
chen umfassende Botschaft unleserlich.
Auf der Online-Pinnwand Pinterest platziert
Mona Szyperski Bilder von Info-Abreißzet-
teln, die man vom Schwarzen Brett kennt.
Vor allem Einsteigern in die Personalsuche
via soziale Medien rät sie: „Wichtig ist, nur
so viele Kanäle aufzumachen, wie man im
Blick behalten kann.“ Wer nicht in angemes-
sener Zeit auf Bewerbungen, Fragen oder
Kommentare reagiert, wird schnell öffent-
lich kritisiert – und das schadet dem Image.
Den richtigen kanal wählen
Achim Schütz hat gute Erfahrungen mit
dem Recruiting über Xing gemacht. Für
seine vor drei Jahren mit einem Partner ge-
gründete bank management consult GmbH
& Co. KG in Göttingen sucht er dauernd
neue Mitarbeiter. Einen jungen Mitarbei-
ter fand er in dem sozialen Netzwerk über
eine schlichte „Pay-per-Klick-Anzeige“. Für
die Suche nach einem Experten mit viel
Berufserfahrung investierte er mehr Geld
und ließ die Anzeige mit seinem Firmenlogo
aufwerten. An den Profilen der Interessen-
ten, die sich melden, erkennt er, ob jemand
überhaupt infrage kommt. Dann fordert er
eine Bewerbung an. „Aber insgesamt passt
die Auswahl relativ gut“, hat Schütz festge-
stellt. Deshalb ist dies für ihn die zeit- und
kostengünstigste Art der Personalsuche.
Die Mitarbeiter einbinden
Ein weiterer Vorteil von Netzwerken wie
Xing: Man kann die Profile der Mitglieder
durchforsten und gezielt Spezialisten an-
sprechen, ob sie ins eigene Unternehmen
wechseln wollen. Und man bekommt Emp-
fehlungen von Online-Bekannten, welche
Kandidaten man sich ansehen sollte.
Deshalb ist das Jobportal Xing nach einer
Forsa-Umfrage bei Personalmanagern die
beliebteste Plattform für die Personalsu-
che. Sie wird von 62 Prozent genutzt, nur
15 greifen auf eine klassische Jobbörse
zurück. Auch Achim Schütz will auf Xing
weiter Mitarbeiter suchen – falls er Zeit und
Personal dafür findet, vielleicht sogar mit
einem eigenen Firmenauftritt, um dort noch
sichtbarer zu sein.
Eine Präsenz im Netz sollte unbedingt au-
thentisch sein und den Geschmack der
Zielgruppe treffen. „In den meisten Netz-
werken sollte man nicht zu förmlich agie-
ren, sondern Ecken und Kanten zeigen“,
rät Anika Geisel, Senior-Beraterin bei der
Eck Consulting Group in München. Fes-
te, Sporttage, soziales Engagement oder
Porträts der Mitarbeiter seien auch für Be-
werber interessant. „Und die Social-Media-
Welt ist visuell“, betont Geisel. Wichtig sei
es, mit Fotos und Videos zu arbeiten, sie
eventuell auf einem eigenen YouTube-
Kanal zu veröffentlichen. Wer Mitarbeiter
mit Bild ins Netz stellt, muss sie natürlich
vorher um Einverständnis bitten. Aber
wenn die dann solche Posts mit Freunden
teilen oder „Gefällt mir“ drücken, kann das
der erste Schritt zu einer Fangemeinde im
World Wide Web sein.
Quelle: TRIALOG, Das Unternehmermagazin Ihrer
Berater und der DATEV, Herausgeber: DATEV eG,
Nürnberg, Ausgabe 01/2014
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