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DAS QUARTAL 1.12
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THEMEN IM FOKUS
Für den Fiskus müssen Sprachkurse nicht
zwingend auf Inselparadiesen stattfinden,
aber der Indian Summer in den USA lässt
sich auch bei einer Dienstreise genießen
gaben oder Werbungskosten“, erklärt Anita
Käding, Leiterin der Abteilung Steuerrecht
und -politik beim Bund der Steuerzahler in
Berlin, die neuen Regeln. „Grundsätzlich for-
dern die Richter eine klare Aufteilung der be-
trieblichen und privaten Kosten beispielswei-
se nach Zeitanteilen.“ Aufwendungen für
An- und Abreise sowie Übernachtung und
Verpflegung sind möglichst nach Tagen auf-
zuschlüsseln: Die Hotelrechnung während
der geschäftlichen Tagung samt Spesen zahlt
der Arbeitgeber, die privaten Urlaubstage der
Arbeitnehmer.
Die Flugkosten sind ebenfalls aufzuteilen:
Verlängert ein Mitarbeiter die einwöchige Ge-
schäftsreise um einen dreitägigen Kurzur-
laub, zahlt er drei Zehntel des Flugtickets
selbst. Ärger mit dem Fiskus droht nur, wenn
die Reisekostenabrechnung sich durch die
frühere Hin- oder spätere Rückreise deutlich
erhöht. Unstrittig und steuerlich voll absetz-
bar sind dagegen rein beruflich bedingte Kos-
ten, etwa Tagungsgebühren oder Messeein-
tritte. Problematisch ist es weiterhin, wenn
sich Privates und Berufliches nicht sauber
trennen lassen. „Eine offene Flanke bleiben
Reisen, die Firmenchefs unternehmen, um
Kontakte zu knüpfen“, warnt Marc Desens,
Professor für Steuer- und öffentliches Wirt-
schaftsrecht an der Universität Leipzig. „Wenn
das Programm der Wirtschaftsdelegation
auch allgemeinbildender Natur ist, wird es
schwierig, dem Finanzamt eine berufliche
Motivation zu belegen.“
Der Jurist rät deshalb, alles zu sammeln,
was den beruflichen Anlass der Reise doku-
mentiert. Dazu zählen neben dem Tagungs-
oder Reiseprogramm auch genaue Aufzeich-
nungen zu geführten Gesprächen oder
geknüpften Kontakten. Wer mit dem Firmen-
wagen unterwegs ist, sollte zudem ein ord-
nungsgemäßes Fahrtenbuch führen.
Genaue Dokumentation hilft.
Besonders bei
Sprachreisen kommt es auf eine saubere Do-
kumentation an. Ist eine Aufteilung der Rei-
sekosten nach privaten und beruflichen Tagen
unmöglich, weil abends nach dem Sprachkurs
noch Zeit für Besichtigungen war, erlauben
die Finanzrichter eine prozentuale Aufschlüs-
selung. Ist auch das schwierig, darf laut BFH-
Richterspruch die Hälfte der Reisekosten
steuerlich angesetzt werden. Haben die Fi-
nanzbeamten aber den Verdacht, dass ihnen
ein Urlaubstrip als Geschäftsreise unterge-
schoben werden soll, ist der Steuerabzug
schnell gestrichen. Dabei gilt: Je exotischer
das Reiseziel, desto eher unterstellt der Fis-
kus einen privaten Anlass. Darlegung und
Beweislast liegen dann beim Steuerzahler.
Unternehmer sollten sich daher mit dem Ge-
danken anfreunden, dass man Französisch
nicht unbedingt auf Madagaskar lernen muss.
J
oachim Schondelmaier ist ein Unterneh-
mer alter Prägung. Mit Kunden und Zulie-
ferern verhandelt er persönlich, um einen
guten Kontakt aufzubauen, Verträge bestätigt
er per Handschlag. Der Erfolg gibt dem Chef
der Schondelmaier GmbH – Presswerk in
Gutach bei Freiburg recht: In dem Kaltpress-
werk fertigen 250 Beschäftigte jährlich Seri-
enteile im Wert von 40 Millionen Euro für die
Autoindustrie. „Wir produzieren Komponenten
in höchster Qualität und Präzision“, betont
Schondelmaier, der den Familienbetrieb in
dritter Generation leitet. „Und zwar exakt
nach den Erfordernissen unserer Abnehmer.“
Um dieses Leistungsversprechen zu erfül-
len, sind der Firmenchef sowie 20 Mitarbeiter
viel unterwegs. Sie bahnen neue Geschäfte
an oder klären Projektdetails. Bisher achtete
Schondelmaier sehr darauf, dass seine Ex-
perten nach solchen Gesprächen sofort zu-
rückkehren: „Da Geschäftsreisen nicht mit
privaten Terminen verknüpft wurden, hatten
wir kein Problemmit dem Finanzamt.“ Inzwi-
schen sieht er das etwas lockerer und erlaubt
den Mitarbeitern manchmal, eine Dienstreise
ins Ausland privat über das Wochenende zu
verlängern: „Das ist eine kleine Aufmerksam-
keit für ihren hohen Einsatz.“ Leisten kann
sich Schondelmaier diese Großzügigkeit seit
einem Grundsatzurteil des Bundesfinanzhofs
(BFH) aus dem Jahr 2010.
Danach dürfen Finanzbeamte den Be-
triebsausgabenabzug für sogenannte ge-
mischt veranlasste Reisekosten nicht generell
verweigern, wenn das Unternehmen die Kos-
ten sauber in beruflich und privat veranlasst
aufteilt. Alle betrieblichen Aufwendungen darf
der Firmenchef steuerlich absetzen. Dies gilt
insbesondere für die Hin- und Rückreisekos-
ten, die bisher dem Rotstift des Finanzamts
zum Opfer fielen. Denn sie wären ohnehin
angefallen.
Finanzamt prüft akribisch.
Neuerdings ha-
ben Geschäftsreisende durch drei Urteile der
obersten Finanzrichter größeren steuerlichen
Gestaltungsspielraum (siehe Kasten). Wer
Beruf und Freizeit kombiniert, darf die Kosten
anteilig absetzen, wenn er den dienstlichen
Anlass einer Reise belegt. Jedem Unterneh-
mer sollte jedoch klar sein, dass die Finanz-
beamten bei 155 Millionen Geschäftsreisen
und den damit verbundenen Kosten von 43,5
Milliarden Euro im Jahr 2010 bei den Reise-
kostenabrechnungen auch künftig sehr genau
hinsehen werden. Wer Geschäftliches mit Pri-
vatem verbindet, sollte deshalb vorab mit sei-
nem Steuerberater klären, welche Kosten
sich absetzen lassen und welche Belege auf-
zubewahren sind.
„Liegt der Privatanteil einer Reise bei über
90 Prozent, ist kein Steuerabzug erlaubt. Be-
trägt dagegen der dienstliche Anteil über 90
Prozent, sind alle Reisekosten Betriebsaus-
Diese Urteile des Bundesfinanzhofs stärken die Position von Unternehmern,
die Geschäftstermine mit einem Kurzurlaub kombinieren.
Gemischt veranlasste Reisekosten:
Der Bundesfinanzhof hat das Abzugsverbot aufgeho-
ben. Wer eine Geschäftsreise mit einem Privataufenthalt verbindet, darf die Kosten anteilig
steuerlich ansetzen (Beschluss vom 21.9.2009, GrS 1/06, VI R 94/10, Urteil vom 21.4.2010,
VI R 5/07). Die Aufteilung erfolgt nach den beruflichen und privaten Zeitanteilen der Reise.
Kongress- und Fortbildungsreisen:
Der BFH hat auch bei Kongress- und Fortbildungs­
reisen die Aufteilung in private und beruflich bedingte Reisekosten erlaubt (Urteil vom
21.4.2010, VI R 66/04).
Sprachkurse im Ausland:
Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass Sprachkurse im
Ausland als Betriebs- oder Werbungskosten anzuerkennen sind, wenn die berufliche
Veranlassung nachgewiesen wird (Urteil vom 24.2.2011, VI R 12/10).
Bundesrichter kippen pauschales Abzugsverbot
Quelle: TRIALOG, Das Unternehmermagazin Ihrer
Berater und der DATEV, Herausgeber: DATEV eG,
Nürnberg, Ausgabe 01/2012