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DAS QUARTAL 1.12
23
THEMEN IM FOKUS
den ersten Blick paradox. Der Yen wurde aber
in den letzten Jahren von Japans Wettbe-
werbsfähigkeit begünstigt. Unter den sieben
großen Industriestaaten (G7) ist Japan neben
Deutschland seit Jahren das einzige Land mit
einem Leistungsbilanzüberschuss. Zudem
profitiert der Yen davon, dass Japan bei der
Refinanzierung seiner hohen Staatsschulden
vergleichsweise wenig von der Gunst der Aus-
landsinvestoren abhängt – Japan refinanziert
sich sehr stark im Inland und kann auf die
heimischen Gläubiger zählen. Der Anleihe-
markt erscheint somit deutlich weniger ver-
letzlich als beispielsweise der Euro-Bond-
markt. Im laufenden Jahr griffen
risikobereite Investoren zudem bei sog. Carry-
Trades (Verschuldung in Ländern mit Nied-
rigzinsen und Investition in Hochzinsländern,
wie z. B. Australien) verstärkt auf Währungen
wie den Euro oder den US-Dollar zurück –
eine Entlastung für den Yen. Auch die Tatsa-
che, dass sich sowohl in der Euro-Zone als
auch in den USA die Leitzinsen der Nulllinie
angenähert haben, begünstigte den Yen. Na-
tionen mit hohen Devisenreserven landeten
bei der Suche nach einer hochliquiden Wäh-
rungsalternative nicht selten beim Yen.
Die japanische Wirtschaft leidet allerdings
unter dem hohen Yen (Stichwort: verteuerte
Exporte), sodass sich die japanische Noten-
bank immer wieder genötigt sieht, zulasten
des Yen an den Devisenmärkten zu interve-
nieren. Auch wenn dies bis dato noch keine
nachhaltige Abhilfe geschaffen hat (siehe
Chart ggü. Euro), so stellen derartige Inter-
ventionen (bis hin zu einer möglichen Wäh-
rungsfixierung à la Schweizer Notenbank)
dennoch eine latente Gefahr für die Stärke
einer Währung dar. Jüngst verstärkte die
Bank of Japan (BoJ) ihre Interventionsgebär-
den wieder. Dies, gepaart mit einer anhaltend
expansiven Geldpolitik (jüngst erneut massi-
ve Anleiheaufkäufe der BoJ und die Betonung,
die Leitzinsen auf der Nulllinie zu halten),
dürfte auch die jüngsten Gewinnmitnahmen
beim Yen ausgelöst haben. Unterm Strich er-
achten wir den japanischen Währungsraum
derzeit für Investments als uninteressant.
Charttechnisch gesehen könnte sich die
Abwärtsbewegung des Yen beschleunigen,
wenn die Unterstützung bei rund 0,0093 Yen
(entspricht einem Euro-Yen-Verhältnis von
107,50 Yen) nicht zügig zurückerobert werden
kann.
Schweizer Franken (CHF):
Der Franken hat
seinen Nimbus als klassische Fluchtwährung
vorerst verloren, nachdem die Schweizerische
Nationalbank (SNB) Anfang September 2011
die Währung an den Euro-Kurs gebunden hat.
Die Notenbank will den Mindestkurs von 0,83
€ (bzw. 1,20 CHF) mit aller Konsequenz
durchsetzen und ist notfalls bereit, unbe-
schränkt Devisen zu kaufen (und dafür ggf.
Kurzfristig liegen die Vorteile zwar beim
US-Dollar, dennoch raten wir dazu, bei Akti-
enengagements im US-Raum ein wachsames
Auge auf die Währungsentwicklung zu legen.
Bei ETF- oder Fondsanlagen können ggf. auch
währungsgesicherte Varianten in Betracht
gezogen werden. Gleiches gilt für Rohstoffan-
lagen, die in aller Regel in US-Dollar notieren.
Anleiheinvestments in US-Dollar halten
wir im aktuellen Niedrigzinsumfeld für un­
attraktiv.
Rein charttechnisch gesehen dürften beim
US-Dollar dann Anschlussgewinne möglich
sein, wenn die Marke von 0,80 € (entspricht
einem Euro-US-Dollar-Verhältnis von 1,25
US-Dollar) nach oben durchbrochen werden
kann. Fällt der US-Dollar hingegen unter die
Marke von 0,72 € (entspricht einem Euro-US-
Dollar-Verhältnis von 1,389 US-Dollar), droht
der US-Währung weiteres technisches Ab-
wärtspotenzial.
Britisches Pfund (GBP):
Großbritannien zählt
zwar nicht zur Euro-Zone, die Probleme der
britischen Wirtschaft lesen sich aber ähnlich
wie die der Euro-Peripheriezone: Eine Staats-
schuldenquote von über 80 % drängt auch die
Briten zu strikten Sparprogrammen. Er-
schwerend kommt hinzu, dass man erhebli-
che Summen zur Stützung des zum Teil ma-
roden Bankensektors aufbringen musste. Die
Konjunktur steuert darüber hinaus derzeit auf
eine Rezession zu. Trotz einer vergleichswei-
se hohen Inflationsrate von rund 3,5 % hält
die britische Notenbank ihre Niedrigzinspoli-
tik aufrecht.
Alles in allem ein Umfeld, in dem sich
Pfund-Investments aus unserer Sicht nicht
aufdrängen, es sei denn, im Aktienbereich
bieten sich Chancen, die es wert sind, das
Währungsrisiko einzugehen. Auch wenn das
Pfund in Zeiten stärkerer Euro-Turbulenzen
temporär als sichererer Hafen angesteuert
wird, dürfte ein nachhaltiger Aufwärtstrend
gegenüber dem Euro nur schwer zu etablie-
ren sein, zumal nun mit Moody‘s die erste
Ratingagentur die AAA-Bestnote Großbritan-
niens infrage stellt. Angesichts der engen
Verflechtungen des Landes mit der Euro-Zone
über den Außenhandel und durch den Finanz-
sektor kann sich das Pfund ohnehin nicht von
der Entwicklung im Euro-Raum freimachen.
Die Charttechnik zeigt eine relativ massive
Widerstandszone im Bereich von 1,20/1,23 €,
die nicht ohne Weiteres überflügelt werden
dürfte. Ein Rückgang unter die Marke von 1,17
€ wäre dagegen als technisches Verkaufs­
signal zu werten.
Japanischer Yen (JPY):
Dass ein Währungs-
raum, der mit einem Rekordschuldenstand
kämpft (rund 220 % in Relation zum BIP) und
rezessive Tendenzen vorweist, von Investoren
als sicherer Hafen angesehen wird, wirkt auf
US-DOLLAR VS. EURO
1 USD = 0,744 € / 1 € = 1,344 US
Quelle: Interactive Data, Stand: 27.2.2012, 8:40 Uhr
Frühere Wertentwicklungen sind kein verlässlicher
Indikator für die Zukunft.
BRITISCHES PFUND VS. EURO
1 GBP = 1,179 € / 1 Euro = 0,848 GBP
Quelle: Interactive Data, Stand: 27.2.2012, 8:40 Uhr
Frühere Wertentwicklungen sind kein verlässlicher
Indikator für die Zukunft.
JAPANISCHER YEN VS. EURO
1 YEN = 0,0092 € / 1 € = 108,70 Yen
Quelle: Interactive Data, Stand: 27.2.2012, 8:51 Uhr
Frühere Wertentwicklungen sind kein verlässlicher
Indikator für die Zukunft.