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Umsatzsteuer
Umsatzsteueranspruch im Insolvenzfall
Forderungen von in Insolvenz befndlichen Unter-
nehmen, die vom Insolvenzverwalter vereinnahmt
wurden, galten bisher in voller Höhe als für die
Masse vereinnahmt. Dadurch entging dem Fiskus
in den meisten Fällen der Großteil der vereinnahm­
ten Umsatzsteuer.
Der Bundesfnanzhof hat nunmehr entschie-
den, dass die Entgeltvereinnahmung für eine vor
Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbrachte Leis­
tung auch bei der Sollbesteuerung eine Massever-
bindlichkeit ist. Damit ist sowohl der bei Ist- als
auch bei der Sollbesteuerung die volle Umsatz-
steuer an das Finanzamt abzuführen.
Umsatzbesteuerung der Abgabe von Speisen an
Imbissständen, in Kinofoyers oder im Rahmen
eines Partyservice
Der Europäische Gerichtshof hatte folgende Fälle
zu entscheiden:
• Zwei Unternehmer verkaufen in Imbiss-
wagen verzehrfertige Speisen, wie verschiedene
Bratwürs­te und Pommes frites. An dem Imbisswa-
gen gibt es geschützte Stellen, damit die Speisen
an Ort und Stelle verzehrt werden können.
• Die Besucher von Kinos einer Kinogesell-
schaft in Deutschland können Popcorn und Nachos
zum Verzehr im Kinosaal oder -foyer erwerben.
• Eine Fleischerei liefert bestellte Speisen
in Warmhaltebehältern an ihre Kunden. Je nach
Wunsch der Kunden werden auch Geschirr, Be-
steck, Stehtische und Personal zu Verfügung ge-
stellt.
Das Gericht sieht in den beiden ersten Fällen
die Lieferung der Gegenstände als dominierend
an, weil es sich um die Lieferung von Speisen zum
sofortigen Verzehr handelt, denen die einfache
standardisierte Zubereitung „wesenseigen ist“.
Die Umsatzbesteuerung erfolgt daher mit dem er-
mäßigten Steuersatz, weil die Dienstleistungsele-
mente nicht überwiegen.
Beim letzten Fall, also dem Partyservice, sieht
der EuGH die Dienstleistung als dominierend an,
weil der Dienstleistungsanteil durch mehr Arbeit
und Sachverstand, Kreativität bei der Zubereitung
und der Darreichung der Speisen sich gegenüber
der standardisierenden Zubereitung unterscheidet.
Diese Dienstleistungen unterliegen grundsätzlich
dem allgemeinen Steuersatz.
Ausnahmen ergeben sich nur, wenn der Par-
tyservice Standardspeisen ohne weitere Dienstleis­
tungen liefert.
Kein Vorsteuerabzug beim Betriebsausfug bei
Überschreiten der Freigrenze
Kosten für im überwiegend betrieblichen Interesse
des Arbeitgebers durchgeführte Betriebsveran-
staltungen dürfen pro Arbeitnehmer nicht mehr als
110 € inklusive Umsatzsteuer betragen. Kosten für
Aufwendungen von teilnehmenden Angehörigen
der Arbeitnehmer sind diesen zuzurechnen. Außer-
dem dürfen maximal zwei Betriebsveranstaltungen
pro Jahr durchgeführt werden. Wird die Freigren-
ze von 110 € überschritten, ist der Gesamtbetrag
als Arbeitslohn zu versteuern. In solchen Fällen ist
auch kein Vorsteuerabzug möglich. Gleichzeitig un-
terbleibt auch die Entnahmebesteuerung.
(Quelle: Urteil des Bundesfnanzhofs)
Keine Steuerschuld auf Innenumsatz zwischen
Organgesellschaft und Organträger
Eine Organgesellschaft ging davon aus, dass Leis-
tungen gegenüber dem Organträger umsatzsteu-
erpfichtig sind.
Dieser Auffassung folgend wurden Rech-
nungen mit gesondertem Steuerausweis ausge-
stellt. Das Finanzamt sah die Leistungen als nicht
steuerbaren Innenumsatz an. Die dem Organträger
in Rechnung gestellte Umsatzsteuer wurde als
bei ihm nicht abzugsfähig angesehen. Bei der Or-
gangesellschaft sollte die Umsatzsteuer trotzdem
unter dem Gesichtspunkt des unberechtigten Aus-
weises erhoben werden.
Der Bundesfnanzhof kommt zu einem ande-
ren Ergebnis: Bei den Leistungen zwischen einer
Organgesellschaft und dem Organträger handelt
es sich um Innenumsatz. Sie sind nicht steuerbar.
Eine Steuerpficht kann sich weder unter dem Ge-
sichtspunkt eines zu hohen noch des unberech-
tigten Steuerausweises ergeben. Außerdem ist,
soweit eine Organgesellschaft ihre Leistungen
gegenüber dem Organträger mit gesondertem und
zutreffendem Steuerausweis in Rechnung stellt,
nicht sie, sondern der Organträger Steuerschuld-
ner.
Abgrenzung Unternehmereigenschaft von
privater Sammeltätigkeit
Entscheidend für die Steuerbarkeit einer Tätigkeit
ist, dass diese einer wirtschaftlichen Tätigkeit und
nicht einer privaten Sammlertätigkeit entspricht.
Betätigt sich jemand nicht wie ein Händler, son-
dern wie ein privater Sammler, ist auch der Vor-
steuerabzug ausgeschlossen. Dies hat der Bun-
desfnanzhof im Fall einer GmbH entschieden, die
über mehrere Jahre Neufahrzeuge und Oldtimer
angeschafft und museumsartig in einer Tiefgarage
eingelagert hatte. Die GmbH habe sich wie ein pri-
vater Sammler verhalten.
Ort der Leistung bei Übernahme radioaktiver
Strahlenquellen
Die Übernahme im Ausland befndlicher ausge-
dienter Strahlenquellen durch einen inländischen
Unternehmer unterliegt der deutschen Umsatz-
besteuerung. Ein deutsches Recyclingunterneh-
men übernahm im Ausland radioaktive Stoffe von
seinen Kunden (Universitäten, Kliniken und Labo-
ratorien) und verwertete diese dann im Inland. Zur
Verwertung gehörte imWesentlichen die Einholung
von Genehmigungen, das Bereitstellen eines Spe-
zialcontainers, der Ausbau und die Umladung der
Strahlenquellen in den Container, der Abtransport
des Containers aus dem Bestrahlungsraum, die
sog. Freimessung sowie Transportleistungen (Ge-
fahrguttransport einschließlich Versicherungen) im
Aus- und Inland.
Die Leistungen des Recyclingunternehmens
sind als Einheit anzusehen, deren Hauptzweck in
der Übernahme der ausgedienten Strahlenquellen
liegt. Da es sich hierbei nicht um Arbeiten an be-
weglichen körperlichen Gegenständen handelt und
die Übernahme von Strahlenquellen auch nicht zu
den Tätigkeiten gehört, die im Rahmen des Ingeni-
eurberufs hauptsächlich und gewöhnlich erbracht
werden, wird die sonstige Leistung an dem Ort
ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein
Unternehmen betreibt. Das deutsche Recyclingun-
ternehmen betrieb sein Unternehmen von einem
Ort im Inland aus, sodass seine Leistungen der in-
ländischen Umsatzbesteuerung unterliegen.
(Quelle: Urteil des Bundesfnanzhofs)
Haus-Notruf-Dienst eines Vereins für Rettungs-
dienste umsatzsteuerfrei, aber nicht notärzt-
licher Transportdienst und Menüservice
Das Entgelt, das ein Verein für einen Haus-Notruf-
Dienst erhält, ist von der Umsatzsteuer befreit. Die
Umsatzsteuerbefreiung gilt nach Auffassung des
Bundesfnanzhofs entgegen dem deutschen Recht
auch für Vereine, die weder ein amtlich anerkannter
Verband der freien Wohlfahrtspfege noch einem
solchen Verband als Mitglied angeschlossen sind.
Diese Vereine können sich zumindest in den Fällen
unmittelbar auf die Steuerbefreiung aufgrund der
Umsatzsteuer-Richtlinie der Europäischen Union
berufen, in denen die Sozialversicherung die Kos­
ten, wenn auch nur zum Teil, übernimmt. Dem-
gegenüber ist ein notärztlicher Transportdienst
eines nicht amtlich anerkannten und auch keinem
anerkannten Verband angeschlossenen Vereins
weder nach nationalem noch nach EU-Recht von
der Umsatzsteuer befreit, wenn der Verein seine
Leistungen unmittelbar mit dem Notarzt und nicht
mit dem Patienten bzw. dessen Krankenkasse ab-
rechnet. Der Menüservice eines solchen Vereins ist
keinesfalls von der Umsatzsteuer befreit.
Kein Vorsteuerabzug bei einem steuerfreien
Beteiligungsverkauf
Bezieht ein Unternehmer für einen steuerfreien
Beteiligungsverkauf Beratungsleistungen, kann
er daraus keinen Vorsteuerabzug geltend ma-
chen. Die Beratungsleistungen stehen nämlich im
direkten und unmittelbaren Zusammenhang zur
steuerfreien Anteilsübertragung. Daran ändert
auch die mittelbare Absicht des Unternehmers
nichts, mit dem Veräußerungserlös seine zum
Vorsteuerabzug berechtigende wirtschaftliche Ge-
samttätigkeit zu stärken.
In einem vom Bundesfnanzhof entschiedenen
Fall hielt ein Industrieunternehmen 99 % der Ak-
tien an einer Aktiengesellschaft. Bei der Veräuße-
rung der Anteile berieten eine Anwaltskanzlei und
eine Investmentbank. Die in den Rechnungen der
Berater ausgewiesene Umsatzsteuer wollte das
Industrieunternehmen, welches ansonsten steu-
erpfichtige Umsätze ausführt, als Vorsteuer abzie-
hen. Das Gericht versagte den Vorsteuerabzug, weil
der direkte und unmittelbare Zusammenhang zur
steuerfreien Veräußerung maßgeblich ist.
Hinweis:
Bei einer nicht steuerbaren Geschäfts-
veräußerung im Ganzen wäre ein Vorsteuer-
abzug in Betracht gekommen. Dafür hätte das
Industrie­unternehmen jedoch alle Anteile an der
Tochter-Aktiengesellschaft halten und veräußern
müssen. Im Rahmen einer Organschaft müsste,
damit eine Geschäftsveräußerung angenommen
werden kann, zumindest eine die fnanzielle Ein-
gliederung ermöglichende Mehrheitsbeteiligung
übertragen werden. Darüber hinaus müsste der
Erwerber beabsichtigen, eine Organschaft zu der
Gesellschaft, deren Anteile übertragen worden
sind, zu begründen.
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