DAS QUARTAL 1.2019

DAS QUARTAL 1.19 20 Themen im Fokus Die Psychologie des Investierens – mit Souveränität zu mehr Rendite Text: Kai Hattwich (Vermögensverwaltung, zertifizierter ETF-Experte) • Nach wie vor klafft eine große Lücke zwischen dem, was Anleger an Wertentwicklung tatsächlich vereinnahmen (Anlegerrendite), und dem, was sie vereinnahmen könnten (Marktrendite). • Diese Lücke zwischen Anlegerrendite und der fairen Rendite der Kapitalmärkte nennen Forscher die Verhaltenslücke. • Doch wie entsteht die Verhaltenslücke, und wie können wir sie überwinden? E igentlich könnte alles so einfach sein. Nacheiner kritischenBestandsaufnahme kennen wir als Investoren unseren Anlage- horizont und das Risiko, das wir eingehen wollen. Unsere Anlagestrategie ist auf diese Werte abgestimmt und wir setzen sie mit günstigen Finanzprodukten (am besten ETFs und Anlageklassenfonds) um. Und ganz nüchtern wissen wir auch, dass trotz kurzfristiger, teils starker Schwankungen die Kapitalmärkte diversifizierte Investitionen langfristigmit einer fairen Rendite vergüten. Was könnte uns jetzt noch davon abhalten, die faire Rendite der Kapitalmärkte zu er- wirtschaften? Die Antwort auf diese Frage ist einfach und bedrückend zugleich. Es ist unsere Psyche. Ja, ein großer Teil der oftmals auftretenden negativen Differenz zwischen der Rendite der Investoren und der Rendite des Kapitalmarkts kann durch das Verhalten der Anleger selbst erklärt werden und trägt daher den Namen Ver- haltenslücke. Sie entsteht vor allem durch den emotionalen Drang zu handeln, den viele Ereignisse bzw. unsere Eindrücke von diesen Ereignissen in uns auslösen. Evo- lutionspsychologisch ist dieses Verhalten normal – der Drang, aktiv zu sein und damit das Geschehen zu beeinflussen, erhöhte die Überlebenschancen unserer Vorfahren und setzte sich so im Laufe der Zeit durch. Einen großen Beitrag zu dieser Differenz leistet die Verhaltenslücke. Sind wir also selbst schuld, ohne es zu wol- len, sabotiert von der Evolution und unse- rem eigenen Gehirn? Und sind wir deshalb auf immer dazu verdammt, weniger Rendi- te zu bekommen, als der Markt generiert? Wir können Sie beruhigen. Die Verhal- tenslücke ist kein Schicksal und erst recht kein unausweichliches. Denn schon allein sich dieses Effekts bewusst zu sein, hilft Investoren dabei, ihn zu begrenzen. Noch hilfreicher ist es, sich der Emotionen und Mechanismen/Narrative bewusst zu sein, mit denen wir konfrontiert werden und die uns dazu verleiten, kurzfristig zu handeln. Viele Anleger fühlen sich in unsicheren Phasen mit ihrer Kapitalanlage unwohl und erleben Emotionen wie Angst, Gier oder sogar Neid. Häufig kommen ihnen diese negativen Emotionen imMoment des Erlebens gar nicht negativ vor und werden sogar rationalisiert. Neid tarnt sich dabei oft als Streben nach Exzellenz. Gier wird mit Hoffnung gleichgesetzt und Angst zum Be- dürfnis nach Sicherheit umgedeutet. Das alles hätte ihnen gehören können … Hätten sie vor der Anlageentscheidung doch noch genauer nach dem nächsten Star-Manager suchen sollen? Oder werden die neuesten Trends alles bisher Dagewe- sene in den Schatten stellen? Gelten die alten Regeln nicht mehr? Sollen sie ihrer Strategie als Investoren treu bleiben oder versäumen sie damit sehenden Auges die eine große Chance für ihr Vermögen? Sie ahnen es, hier ist die Gier mit von der Partie und verleitet eigentlich strategi- sche Investoren zu der spekulativen Jagd nach den Chancen, besser als der breite Markt abzuschneiden. Die Folge ist viel- fach die Anlage in Trends oder mit Mana- gern, die ihren Zenit gerade erreicht oder schon überschritten haben. Im englischen Sprachraum wird diese Art des Timings als Performance Chasing bezeichnet und kostet auf Dauer nicht nur Rendite, sondern auch eine Menge Nerven. Das folgende Schaubild verdeutlicht das Problem. Die Fonds wurden nach ihrer Ren- dite in einem Fünfjahreszeitraum geordnet. Für den zweiten Fünfjahreszeitraum wurde diese Sortierung beibehalten, die Rendite- werte der Fonds haben jedoch keine Ähn- lichkeit mit denen der ersten fünf Jahre. Verlustaversion Ein weiterer Fallstrick bei der strategischen Investition ist unsere Verlustaversion oder schlicht Angst. Verluste sind unangenehm, oftmals sogar im wahrsten Sinne des Wor- tes schmerzlich und vermitteln uns den ANLEGERRENDITE VS. MARKTRENDITE Quellen: Dalbar Report 2018, eigene Darstellung Vergangene Wertentwicklungen sind kein geeigneter Indikator für die Zukunft.

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