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DAS QUARTAL 1.12
22
THEMEN IM FOKUS
junkturellen Entwicklung haben die Amerika-
ner derzeit die Nase gegenüber der Euro-
Zone vorn, Letztere weist bereits leicht
rezessive Tendenzen auf.
Bisweilen verstecken sich die Amerikaner
gern hinter den anhaltenden und derzeit auch
in den Medien im Vordergrund stehenden
Querelen im Euro-Raum – dabei trägt der US-
Staatshaushalt nicht minder große Schulden-
lasten vor sich her (z. B. in diesem Jahr schät-
zungsweise rund 10 % Haushaltsdefizit im
Gegensatz zu rund 6 % in der Euro-Zone). Im
Laufe des Jahres dürfte aber auch die US-
amerikanische Schuldensituation wieder
stärker ins Rampenlicht rücken. Ob der Weg
zum notwendigen Schuldenabbau eher mit-
hilfe von Steueranpassungen oder durch
staatliche Ausgabenkürzungen beschritten
wird, könnte zu einem der zentralen Streit-
punkte im Vorfeld der US-Wahl im November
mutieren. Dabei dürfte deutlich werden, dass
auch die Amerikaner zu empfindlichen Struk-
turanpassungen gezwungen sind, was zu kon-
junkturellen Belastungen führt. An dieser
Stelle könnte auch der US-Dollar wieder stär-
ker unter Druck geraten. Ergo wird der US-
Dollar aus eigener Kraft kaum substanziell
ggü. dem Euro aufwerten können.
Aus dem schwierigen Marktumfeld für den
Euro eine US-Dollar-Spekulation abzuleiten,
ist also alles andere als ein sicheres Geschäft.
Wir gehen davon aus, dass die schwer kalku-
lierbaren Schwankungen im Euro-US-Dollar-
Verhältnis auch in den nächsten Monaten
anhalten.
aus Euro-Sicht (z. B. 1 Euro entspricht 1,32
US-Dollar) muss man als Betrachter im Prin-
zip umgekehrt denken (fallender Euro ent-
spricht steigender Fremdwährung), was wir
an dieser Stelle vermeiden möchten.
US-Dollar (USD):
Grundsätzlich haben wir es
sowohl beim Euro als auch beim US-Dollar
mit einer schuldenkrisengeplagten Währung
zu tun. Wer ist hier nun der Einäugige unter
den Blinden? – Diese Frage könnte man vor
diesem Hintergrund zu Recht stellen. Die fun-
damentalen Aspekte sprechen aus unserer
Sicht dafür, dass die grundsätzliche Eu-
roschwäche der letzten Monate vorerst noch
anhalten könnte.
Solange sich die europäische Politik nicht
an die grundlegenden Probleme in der Euro-
Zone heranwagt (Ungleichgewichte in den
Handelsbilanzen – Exportüberschüsse versus
Importüberschüsse – erhöhte Rezessionsge-
fahren durch immer stärkere Sparzwänge)
und weiter mit halbherzigen Übergangslösun-
gen durch die Krise laviert (was wir auch zu-
künftig erwarten), dürfte der Euro keinen
nachhaltigen Aufwärtstrend gegenüber dem
US-Dollar ausbilden können (der Erholung
seit Jahresbeginn zum Trotz). Zudem schließt
sich seit einigen Monaten die Zinsschere zwi-
schen den beiden Währungsräumen, seitdem
sich auch die EZB auf dem Zinssenkungspfad
in Richtung null befindet.
Kurzfristige Anlagen im Euro-Raum wer-
den für die internationalen Finanzmarktak-
teure somit zunehmend unattraktiver. Ein
weiterer Aspekt pro US-Dollar: Bei der kon-
E
ine seriöse Prognose über künftige
Währungsentwicklungen abzugeben,
gilt seit jeher immer als ein sehr
schwieriges Unterfangen, da Währungskurs-
verläufe neben einer ganzen Reihe von kon-
junkturellen Einflüssen auch von Zinsentwick-
lungen und politischen Entscheidungen
geprägt werden. Insbesondere die politische
Abhängigkeit hat angesichts der Ausweitung
der Staatsschuldenkrisen spürbar zugenom-
men und erschwert konkrete Währungsein-
schätzungen. Zudem hat man es grundsätz-
lich mit einer Devisenrelation zu tun, was eine
Beurteilung von gleich zwei Währungen in
Abhängigkeit voneinander erfordert und rela-
tiv komplex ist.
Angesichts der anhaltenden Turbulenzen
im Euro-Raum und der damit einhergehenden
Ängste vor Staatspleiten und Inflation sind
heimische Investoren immer noch verstärkt
auf der Suche nach Anlagealternativen au-
ßerhalb der Euro-Zone.
Ein Grund für uns – trotz aller Marktunwäg-
barkeiten – ausgewählte Fremdwährungen
noch einmal etwas genauer unter die Lupe zu
nehmen. Grundsätzlich gilt: Direkte Wetten
auf bestimmte Währungsentwicklungen mit
Hilfe von Investmentzertifikaten oder Hebel-
zertifikaten sind im nur schwer kalkulierba-
ren Marktumfeld aus unserer Sicht weiterhin
nicht empfehlenswert. Auch ETF- bzw. Fonds-
investments, die darauf abzielen, von den
Schwankungen an den Devisenmärkten zu
profitieren, haben in den letzten beiden Jahren
vielfach enttäuscht – auch hier sehen wir ak-
tuell keine zwingenden Investmentgründe.
Was es bei Aktien-, Anleihe- oder Rohstoffin-
vestments in fremden Währungsräumen zu be-
achten gilt, möchten wir in der Folge ausführen.
Bitte beachten Sie, dass wir uns bei den
jeweiligen 5-Jahres-Charts für eine Darstel-
lung aus Sicht der jeweiligen Fremdwährung
(z. B. 1 US-Dollar entspricht 0,754 Euro) ent-
schieden haben. So wird im Chartbild deutli-
cher, ob die jeweilige Fremdwährung gegen-
über dem Euro gestiegen oder gefallen ist.
Bei der herkömmlichen Chartbetrachtung
Devisenmärkte im Überblick
Marktkommentar der quirin bank AG / 1. Quartal 2012
Text:
Arndt Kussmann
(Finanzanalyse) • quirin bank AG
Insbesondere die politische Abhängigkeit hat
angesichts der Ausweitung der Staatsschulden-
krisen spürbar zugenommen und erschwert
konkrete Währungseinschätzungen.